G'schwätzt mit ...

(© Foto Martina Bogdahn)
(© Foto Martina Bogdahn)

... Luise Kinseher

 

Aufgewachsen in Geiselhöring/Nieder-bayern studiert Luise Kinseher in München Germanistik, Theaterwissenschaften und Geschichte. Ihre Magisterarbeit schreibt sie über Sigi Zimmerschied.

Auf Georg Meiers Iberl-Bühne tritt sie in über 800 Theatervorstellungen auf.

1998 präsentiert sie ihr erstes Kabarett-Soloprogramm. 8 Jahre lang 'derbleckt' Luise Kinseher als Mama Bavaria am Nockherberg. Sie arbeitet mit Regisseuren wie Bogner und Rosenmüller für Film und Fernsehen. Zahlreiche Auszeichnungen und Kabarett-preise u.a. das Passauer Scharfrichterbeil,  Kabarettpreis der Stadt München und die 


Bayerische Verfassungsmedaille werden ihr verliehen. Nicht nur wegen einer ihrer Paraderollen, der Mama Bavaria, ist ihr Bayern ein tiefverwurzeltes Anliegen und München ihr Lebensmittelpunkt. Aussagen wie 'Weisswurst ist ein wunderbarer Tofuersatz, wenn man kein Vegetarier ist' lassen erahnen, welche Nähe sie zu diesem weiß-blauen Kosmos hat.

Über sich selber sagt sie: 'Ich biete halt was an auf der Bühne. Und das tue ich mit all meinem Herzen und mit meinem Können. Alles was ich auf Lager habe, hau ich da rein. Weil es mir unglaublich viel Freude macht und weil es meine Berufung ist'.

 

                                                        Liebe Luise Kinseher,

                                                        ich freue mich auf das Gespräch mit Ihnen!


 

Als Kind waren Sie nach eigenen Angaben eher schüchtern, mehr 'hintere Bank' als 'erste Reihe', mehr Verstecken als Präsentieren. Was hat sich getan, dass 'die schüchterne Luise' zur 'Mama Bavaria' wurde?

 

Ach, das ist eine lange Geschichte! Ich fasse zusammen: Ich hatte wichtige Fürsprecher, die mein Talent erkannten, ich hatte viel Glück, habe mich stetig weiterentwickelt (man wächst an den Aufgaben!), fleißig war ich auch und mutig!

 

In jungen Jahren wollten Sie Ordensschwester werden, weil Sie Jesus so toll fanden. Später dann Bibliothekarin ('Das Paradies muss eine Bibliothek sein'), weil man sich dort verstecken kann. Studiert haben Sie in München Theaterwissenschaften, Germanistik und Geschichte - um sich dann der etwas unsicheren Laufbahn der Schauspielerin und Solo-Kabarettistin zuzuwenden. Hat Ihnen bei den 'Kreuzwegen des Lebens' mehr der Kopf oder der Bauch geholfen?

 

Wenn ich heute so zurückblicke, kann ich sagen, dass ich trotz meiner inneren Widerstände (und an denen waren Kopf und Bauch gleichermaßen beteiligt), irgendwie meinen Weg gegangen bin. Ich glaub, da hat jemand ganz oben seine Fäden gezogen.

(© Foto Iberl-Bühne)
(© Foto Iberl-Bühne)

Von 1993 bis 1998 spielten Sie auf der Iberl-Bühne bei Georg Maier in über 800 Vorstellungen. Die Schauspieler der Iberl-Bühne sind bekannt, die Nähe zum Publikum zu suchen und ins Spiel mit einzubeziehen. Haben Sie hier 'die ersten Werkzeuge zu Ihrem kabarettistischen Handwerkskasten' gesammelt? Wie wichtig war diese Zeit für Sie?

 

Das war eine sehr wichtige Zeit! Im Prinzip war das meine Schauspielschule! Ich bin bis heute Georg Meier sehr dankbar für die Geduld, die er mit mir hatte. Er hat mir unglaublich viel beigebracht und immer an mich geglaubt. Schade, dass er Anfang des Jahres verstorben ist.

(© Foto Iberl-Bühne)
(© Foto Iberl-Bühne)
( © Foto Iberl-Bühne)
( © Foto Iberl-Bühne)

Trotz der überaus erfolgreichen Zeit auf der Iberl-Bühne haben Sie sich für den Weg der Solo-Kabarettistin entschieden. Und dies auf die harte 'Ochsen-Tour'. 'Mein erstes Programm war eine Niederlage' haben Sie einmal gesagt und 'Bei der ersten Vorstellung hat niemand gelacht'. In der Nachbetrachtung vielleicht Anlass zum Schmunzeln; gab es jedoch damals Augenblicke, wo Sie die 'Sinnfrage' gestellt haben?

 

Die Sinnfrage stelle ich mir immer, bis heute! Freilich zweifle ich nicht mehr an meinem Beruf an und für sich und dem was ich mache, aber gerade, wenn man in der Öffentlichkeit steht und meint etwas zu sagen zu haben, dann darf man nicht vergessen, sich selbst zu hinterfragen! Hirn einschalten, bevor man was sagt, ist meine Devise.

 

Im Grunde war Ihr erstes 'Derblecken' nicht der Nockherberg, sondern Ihre Rolle als Rathaus-putzfrau in Straubing, wo Sie die Lokalpolitiker 'aufgemischt' haben. Der 'zarte' Beginn Ihrer Kabarettlaufbahn?

In Straubing war damals der erste Auftritt meines Lebens. Hätte mir damals jemand gesagt, was nach 30 Jahren sein würde, hätte ich ihn ausgelacht. Aber der Bühnenvirus hat mich damals gepackt und nie wieder losgelassen.

 

Die vorherrschende Meinung auf dem Nockherberg war/ist (?), dass eine Frau 'das Derblecken' auf keinen Fall machen kann. Sie waren dort die erste und bisher einzige Frau, die die Salvatorrede gehalten hat und dies ganze acht Jahre hintereinander. Wie dick ist in dieser Zeit 'Ihr Fell' geworden und inwiefern hat sich Ihre Sichtweise zum Thema 'Kritik' geändert?

 

Eine sehr gute Frage! Ich würde mal sagen, wenn man auf dem Nockherberg acht Jahre stand und die Rede gehalten hat, haut einen so schnell nichts mehr um! Ich habe ziemlich viel durchschaut, hinter die Kulissen blicken können und bin dadurch viel souveräner geworden. Kritik ist heutzutage ein ziemlich schwieriges Feld. Meistens wird nur geschimpft, mit konstruktiver Kritik hat das meistens nichts zu tun. Da habe ich zu unterscheiden gelernt.

 

'San's froh, dass Sie nicht den ganzen Tag an ihr Geschlecht denken müssen' und 'Ich muss mein Bewusstsein ändern'. Zwei Aussagen von Ihnen zum Thema 'Diskriminierung der Frau'. Wie begegnen Sie dieser gesellschaftlichen Schieflage - persönlich und beruflich?

 

Es ist tatsächlich so, dass ich mir bis zum Nockherberg niemals Gedanken darüber machen musste, wie ich als 'FRAU' unterwegs bin. Aber wenn man als Frau in der Öffentlichkeit steht, weht plötzlich ein anderer Wind, man wird zum Politikum. Manchmal bin ich schon sehr überrascht, wie viel in Sachen Frauengleichberechtigung noch zu tun ist, erstmal auch noch ganz viel im Kopf, übrigens bei Frauen und Männern!

(© Foto Martina Bogdahn)
(© Foto Martina Bogdahn)

 

Seit 1999 haben Sie alle renommierten Kabarettpreise erhalten. Dazu 2019 die Bayerische Verfassungsmedaille und 2020 den Bierorden der Damischen Ritter - der übrigens seit 2014 vergeben, bisher eine reine Männerdomäne war. Inwieweit sind Preise Gradmesser für Ihre berufliche Zufriedenheit und geben Ihnen Sicherheit für weitere Projekte?

 

Ich freu mich schon über Auszeichnungen! Und die Bandbreite zwischen Verfassungsmedaille und Bierorden ist ja enorm! Das passt zu meinem Anliegen: Wenn ich schon die Mama Bavaria bin, mag ich nicht, dass unsere Gesellschaft noch weiter auseinander driftet, sondern ich bemühe mich, meine Kinder wieder einzusammeln.

(© Derek Henthorn)
(© Derek Henthorn)

Was ist Ihr Lebensmotto?

 

Grad jetzt in der Pandemie: Bloß der Not keinen Schwung lassen!

                                                    Liebe Luise Kinseher

                                                    ich danke Ihnen für das tolle Gespräch!

(© Foto Martina Bogdahn)
(© Foto Martina Bogdahn)


 

 

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